domingo, 9 de septiembre de 2012

El Mulhacén





Wenn einer eine Reise tut….. Also will ich was erzählen.  Jöelle, Gitty, Leo, Wilhelm, Ben und ich, wir sind die Protagonisten dieser Erzählung.
Es war also an einem Montag, die Karawane bewegte sich in Richtung Süden.  Nichts weniger als der höchste Punkt der Iberischen Halbinsel war das Ziel. Das einstweilige. Capileira das vorläufige, das Basislager.
Der Platz, an dem wir unsere Zelte aufschlugen, war schnell gefunden. Gleich hinter Capileira, diesem verschlafenen Bergdorf, liegt ein ruhiges Plätzchen, das einst als Campingplatz der Gemeinde ausgewiesen war. Wir parkten also dort unsere Wohnwagen und –Buse. Dann beschlossen Leo und ich doch noch die nähere Umgebung nach noch idealeren Plätzen zu durchsuchen. Und wurden fündig. Ein herrlicher, ruhig gelegener, romantischer Platz, umgeben von Bäumen und Büschen und einer herrlichen  Berg-Natur.
Wir sattelten also unser Wohnwagen noch einmal , fuhren die wenigen Kilometer zum neuen Basislager und richteten uns ein. Gerade als das erste Bierchen die von der dünnen Bergluft  getrockneten Kehlen gekühlt hatte, kam so ein uniformiertes Ding, das nichts Anderes im Sinn hat, als die Welt in Ordnung zu halten, alle Gesetze einzuhalten und auch dann einzuschreiten, wenn es die Vernunft in keiner Weise gebietet. Auch keine Engelszungen hätten den Gewissenhaften davon abbringen können seine wahrscheinlich seltenen Opfer auf den gesetzeskonformen Pfad zurückzuweisen und so blieb uns nur der Rückzug.
Zurück am alten Platz, gleich oberhalb des Dorfes, konnten wir unsere bald zurückgewonnene Gemütlichkeit, erneut voll ausleben. Doch wie es sich für spätberufene Alpinisten gehört, lagen wir schon bald im tiefen Schlummer der Gerechten.
Der nächste Morgen brach mit dem allerbesten Spätsommerwetter an, das man sich nur wünschen konnte. Die Luft war frisch, vielleicht 10°, der Himmel stahlblau und alles wies auf einen ganz besonderen Tag hin. Noch nie im Leben war ich so hoch oben in den Bergen gewesen. Leo schon. Der ist ein echter Bergler. Die Luft da oben würde dünn werden, versprach er Gitty und mir, denn nur wir drei wagten uns an diesen Aufstieg. 3478 Meter über Meer, klingt schon als blosse Zahl ganz gut.
Die allerertsen Kilometer bis Hoya del Portillo auf 2151 Meter über Meer mussten die Motoren unserer beiden Wagen mit der jetzt schon dünnen Luft zurechtkommen. Dann gings auf den lang ersehnten Weg.  Zunächst durch einen dichten Pinienwald, über Stolperwurzeln, Steine und rutschige Piniennadeln. Schon diese ersten Meter gingen ziemlich steil bergauf. Also nicht so, wie in den Dokus über den Mount Everest, aber eben auch nicht unbedingt erholsam.  Hinaus aus dem Wald, vorbei an einer dieser Brandschneisen, die sich wie schlecht verheilte Narben durch die Landschaft ziehen.
 Die anschliessenden Meter, auf einer gepflegten Naturstrasse, sind fast nicht mehr, als ein Spaziergang. Bei Puerto Molina weisen ein paar fest in den Felsen angebrachte  Abbildungen auf die Vergangenheit dieser Region hin. Europäische Waldelephanten, mit fast geraden Stosszähnen , mit einer Schulterhöhe von 4,5 Metern und einem Gewicht von 6 – 11 Tonnen, weit  grösser als der heute lebende afrikanische Vetter, Berberaffen, die nach ihrem Verschwinden auf der iberischen Halbinsel von den Engländern in Gibraltar wieder eingebürgert wurden, Nashörnern, Löwen und Hyänen. Und nicht zuletzt Neandertalern, die lange bevor unsere direkten Vorfahren aus Afrika nach Europa kamen, hier liebten und lebten. Ob die wohl schon ein Wort für Erderwärmung, oder Klimawandel kannten?
Weiter gings auf einer gut ausgebauten Naturstrasse. Zwischen den weiten Serpentinen führten oft schmale Pfade geradeaus, etwas steiler und holpriger, aber eben wesentlich kürzer. Das wenige Grün links und rechts, duckte sich dicht auf den Boden und wurde immer knapper. Kaum zu glauben, dass da noch Tiere etwas von den zähnen, kurzen Stängeln abknabbern können. Mehr und mehr verwandelte sich die Landschaft in eine helle Steinwüste und vor uns ragten majestätisch der Mulhacen II. und weiter links der Pico Veleta mit seiner schroffen Abbruchkante in die Höhe.
Blick auf Trevelez
Nach ein paar kräftigen Schritten gelangten wir zum Mirador de Trevelez, wo wir eine Rast einlegten. Kaum angelangt schraubte sich vor unserer Nase ein Riesenvogelpaar in die Luft. Zuerst glaubte ich ein Adlerpaar zu erkennen, wobei das untere von beiden, das auffällig grösser schien eine Dame sein musste. Später, bei näherer Betrachtung stellten sich die Beiden als Gänsegeier heraus. Diese Geier haben eine Flügelspannweite von 234 bis 269cm. Spanien beherbergt immer noch die grösste Gänsegeierpopulation Europas, trotz illegaler Jagd, trotz Pestiziden, trotz Giftköder und trotz fehlender Kadaver durch eine, naja, „fortschrittliche“ Weidehygiene. Eine neue Gefahr jedoch stellen die Windparks dar. Alleine in den Jahren 2000 bis 2006 sind ihnen in Nordspanien 732 Tiere zum Opfer gefallen.
 Die Sicht auf das tief unter uns gelegene Trevelez war atemberaubend. Wie mit einem Rechen zusammengehäufte Schuhkartons, lag die Ortschaft, die ihre maurische Geschichte offen zu tage trägt, unter uns. Mit 2650 Metern über Meer, war die Luft am Mirador schon ziemlich dünn.
Trevelez war nicht immer die heute so bekannte Schinkenstadt. Wie sollte sie das unter maurischer, und damit islamischer Herrschaft auch gewesen sein. Seidenraupen, auf Brombeerstauden gezüchtet, war lange Zeit das wirtschaftliche Fundament des Tales. Wilde Geschichten ragen um die Herrscher jener Zeit. Nach der Rückeroberung durch die Christen begann der Wandel zur Schinkenmetropole. Die kühle, trockene Bergluft soll so ideal zum trocknen von Würsten und Schinken sein, dass die Qualität der Produkte bald in der ganzen Welt gelobt wurde. Jsabel II. und Napoleon verlangten, wie viele andere Schöne, Hässliche und Reiche danach.
Nachdem der Magen gefüllt und die Blase geleert waren ging´s weiter. Langsam begann ich die Anstrengung des Triathlons, den ich zwei Tage zuvor mitgemacht hatte zu spüren. Langsam begann ich die vielleicht nicht genug eingelaufenen, neuen Wanderschuhe zu spüren. Langsam begann ich  die dünne Luft zu spüren. Wenn man sich spürt, dann lebt man. Ganz offensichtlich.
Das wenige Grün am Wegesrand wurde so wenig, dass bald kaum mehr etwas davon zu sehen war. Eine grau-braune Silhouette bewegte sich am Horizont. Ein Steinbock. Aufgeregt richtete ich meine Kamera auf das Etwas in der Steinwüste. Vorsichtig tastete ich mich immer näher heran, bis ich endlich feststellen konnte, das sich das Tier von mir nicht stören liess und sich beinahe auf meine Fotos drängte. Nachdem der ertse Steinbock sich genügend in Pose gestellt hatte, um von seiner Schockoladenseite her auf`s Bild zu kommen, gesellten sich noch ein paar weitere Artgenossen dazu.
Der Iberische Steinbock ist etwas kleiner als der Alpensteinbock. Von den hier vier bekannten Unterarten sind zwei ausgerotten und den anderen beiden ging`s um ein Haar auch an den Kragen. Am 6.Juanuar 2000 beispielsweise, starb das letzte Weibchen des Pyrenäensteinbocks. Hoffen wir, dass die beiden noch existierenden Unterarten, von denen wir die „Capra pyrenaica hispanica“ erleben durften, wenigstens unsere Unterart „homo sapiens“  überleben werden.
Ab irgenwo dort oben, taucht man in eine ander Welt ein. Das Licht wird heller, die Luft klarer, die Gräusche schwebender und auch der Ton der Steine, die sich unter unseren Schritten bewegen, wird metallischer. In diese alpine Symphonie mischt sich gelegentich das pfeifende Geräusch meiner schweren Atmung. Die Schritte werden langsamer. Leo ist schon ziemlich weit vorne. Dazwischen Gitty. Doch auch sie wird immer langsamer. Mein Kopf brummt ein wenig und der leichte Schwindel könnte auch von einem Gläschen zuviel sein.
Der Mulhacen II, der schon lange vor uns in die Höhe ragt, weicht immer weiter zurück. Gleich dahinten, noch wenige Schritte, dort müsste er sein und wenn du diese wenigen Schritte gegangen bist, dann ist er wieder ein ganzes Stück zurückgewichen.
Klar, dass der Name Mulhacén arabischen Ursprunges sein muss. أبو الحسن علي Ali al-Hassan Abu, König von Granada, genannt  Mulay Hassan (von den Christen Mulay Hacén genannt), war verheiratet mit Aixa, die ihm den Sohn Boabdil gebar. Die Geschichte lief schon zu Anfang seiner Königszeit, die im Jahre 1464 begann,nicht rund. Da war mächtig Zoff mit den Spaniern, die immer näher rückten. Und als sich dieser Hassan auch noch in eine Gefangen mit dem Namen Isabel de Solis verliebte, da hing der Haussegen auch noch recht schief. Isabel konvertierte zum Islam, hiess fortab Zaraya und turtelte so heftig mit dem König, dass dieser seine ohnehin schon ziemlich verkorksten Regierungsgeschäfte sträflich vernachlässigte. Es kam wie´s kommen musste, Boabdil schloss sich mit seiner Mama kurz, schickte seinen Papa zum Teufel und wurde Muhamad XII , König von Granada. Hassan ernannte auf seiner Flucht noch seinen Bruder Muhamad XIII , „el Zagal“ zum neuen König und verstarb. Irgendwo unter unseren Füssen, so will es die Legende, liegen die sterblichen Überreste dieses Mulay Hassan.
Wir hatten den allegrössten Teil unseres Anstiegen nun hinter uns. Nicht den schwersten. Mulhacen II , den kleinen Bruder, der nur etwa 100 Meter kleiner als sei Nebenbuhler ist, hatten wir bereits umrundet und der letzte Kilometer lag vor uns. Gitty hatte nun so heftig mit dem Höhenschwindel zu kämpfen, dass sie sich nicht mehr sicher war, ob sie die letzten hundert Höhenmeter noch schaffen würde. Nur der Gedanke, dass man so kurz vor dem Ziel doch nicht aufgibt, hielt sie aufrecht. Jetzt hatte mein Gang wirklich etwas von diesen Filmen, in denen Bergsteiger nur noch einen Fuss, mühselig und langsam vor den anderen setzen können.
Dann waren wir oben. Auf dem Dach Spaniens. Gut, da wäre noch der Teyde, aber der ist auf den Kanaren. Ich weiss nicht mehr wie oft ich das von wegen der Weg sei das Ziel schon gehört hatte, aber hier war das Ziel das Ziel und wir hatten es erreicht.  Natürlich war die Wanderung ein Erlebnis, aber sie hatte ein Ziel und das war kein kleines.
Vom Heimweg will ich nur noch berichten, dass er bergab ging, die Zehen schmerzten und die Knie weich wurden.  In meinem Kopf ist ein Erlebnis für den Rest meiner Tage eingemacht. Ich werde immer davon zehren.

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